In Berlin-Mitte, zwischen nördlicher Friedrichstraße und der Oranienburger Straße hat sich das Bild rund um das einstige Tacheles komplett gewandelt.

Das ehemalige Kunsthaus, das einst für seine wilden Shows und die Besetzung durch die internationale Künstlergruppe “DNTT” im Sommer 1991 bekannt war, steht heute für etwas völlig anderes. Das Quartier um das Tacheles herum hat sich in ein Ensemble aus zehn Neubauten verwandelt. Sehr teure Eigentumswohnungen, exklusive Büroflächen und hochpreisige Geschäfte.

Exklusive Eigentumswohnungen statt Offenheit und Zugänglichkeit

Jochen Sandig war Anfang der 1990er Jahre maßgeblich an der Besetzung der Ruinen und dem Aufbau des Kunsthaus Tacheles beteiligt. Er zeigt sich in der Reportage des SPIEGEL empört über die Entwicklung des Areals. Besonders stört ihn die kommerzielle Aneignung der “Marke” Tacheles.

Die Ironie der Entwicklung besteht darin, dass das Areal, das einst für Offenheit und Zugänglichkeit stand, nun mit exklusiven Eigentumswohnungen und Bürogebäuden bebaut wurde, entworfen von namhaften Architekten wie z. B. Herzog & de Meuron. Diese bieten zwar hohen Wohnkomfort und eine moderne Ästhetik, aber es besteht die Befürchtung, dass sie eher als Investitionsobjekte denn als lebendige Wohnräume genutzt werden.

Das Unternehmen Fotografiska soll das Tacheles-Gelände kulturell nutzen und hier eine neue Dependance seiner international renommierten Museumskette für Fotografie etablieren. Trotz der Versprechen, den Ort wieder zu einem lebendigen Treffpunkt zu machen, bleibt die Frage offen, ob dies den ursprünglichen Geist des Tacheles bewahren kann.

Gentrifizierung  in Berlin-Mitte

Diese Verwandlung spiegelt eine größere Dynamik wider, die in vielen Metropolen weltweit zu beobachten ist: die Gentrifizierung. Dabei werden die alternativen Gemeinschaften, die einst zur Attraktivität und Einzigartigkeit der Stadt beitrugen, zunehmend an den Rand gedrängt oder verdrängt. Hier im Video-Blog habe ich in den letzten 15 Jahren diese Veränderungen begleitet. Es war und ist schon besonders, was sich hier abgespielt hat. Man denke an großartige Projekte wie “Standard Time” oder die Nutzungen im Palast der Republik vor dem Abriss.

Geschichten wie die des Tacheles zeigen: Berlin, einst als “arm, aber sexy” gefeiert, scheint heute in Gefahr zu stehen, seinen rauen Charme und seine kulturelle Vielfalt einzubüßen, um einer “ganz normalen Metropole” Platz zu machen – teurer und vielleicht auch ein Stück weit unsexier, so der lakonische Kommentar am Ende des Films.

15:56 min, deutsch, via Youtube

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